1) Ein Gedicht
2) Mein kleiner Woodstock-Auftritt
3) Die nebulöse Vergangenheit des Internets
4) When I’m 64
5) Born to be wild
6) Am Beispiel meiner Familie: Von Flüchtlingen und Zuwanderern
7) Mensch und Universum
8) Torflut beim Korte Cup
9) Neues vom OTZ Konzern
10) Die neuen OTZ-Krimis
11) Pelikan wird 60
Advent 2020
Advent, Advent,
kein Lichtlein brennt
im Oberstübchen mehr,
die Zukunft wird
grad‘ abgeschafft,
der Akku ist bald leer.
Jahrtausend’lang
ging’s seinen Weg
in reichem Überfluß,
doch wer sein
Kapital verpraßt
wird arm sein dann am Schluß.
Die Dummheit siegt,
und Egoismus
geht einher mit Gier
und rücksichtsloser
Trumpelei
in blindester Manier.
Die Welt zeigt sich
– wen wundert’s noch? –
schon ziemlich angepißt,
der Homo sapiens
ist durch:
Man scheißt nicht, wo man ißt!
Die Erde wird
sich weiterdreh’n,
der Mensch ist nur ein Test,
und Leben heißt
Veränderung
und gibt uns nun den Rest.
(November 2020)
Januar 2020
Im Sommer des vergangenen Jahres fand auf einem abgelegenen Acker im Duisburger Süden das (von der lokalen Presse anscheinend vollkommen ignorierte) „Duisburger Amateurmusiker feiern 50 Jahre Woodstock“-Festival statt. Einer meiner Schüler aus dem Gitarrenanfängerkurs hatte mich darauf hingewiesen. Vielleicht wird das ja ganz nett dort, dachte ich, und ging mal hin. Das Wetter war gut, und die Musik, wie versprochen, amateurhaft. Und als ich (da mich offenbar niemand zu erkennen oder mich wenigstens – wie früher häufiger geschehen – mit Peter Bursch zu verwechseln schien) schon überlegte, wieder nach Hause zu gehen und mir lieber einen dummen Film im Fernsehen anzuschauen, sah ich plötzlich meine Chance. Zwischen den Auftritten der Creedence Clearwater- und der Greatful Dead-Revivalband entstand eine unerwartete Pause (weil Jerry Garcia geschlagene zehn Minuten lang nicht aufzutreiben war), und die wollte ich nutzen, um diesen Anfängern mal zu zeigen, was ’ne Harke war. Und so sprang ich auf die (angesichts meines großväterlichen Alters glücklicherweise nur treppenstufenhohe) Bühne, machte meinen Luftgitarrenkoffer auf und … mußte entsetzt feststellen, daß ich das Instrument wohl nach dem heutigen Einüben des Star-Spangled Banner zu Hause vor dem Spiegel stehengelassen und einzupacken vergessen hatte (was bei kompletter Durchsichtigkeit ja schon mal passieren kann). Also machte ich den Koffer wieder zu und tat geistesgegenwärtig so, als wenn ich ein am Boden liegendes Kabel zu überprüfen hätte, richtete mich dann wieder auf, sprach „1, 2, 3, Test“ ins Mikrophon, streckte meine Faust mit dem erhobenen Daumen in die Richtung, in der das Mischpult vermutlich aufgebaut gewesen wäre, wenn der Veranstalter sich eins hätte leisten können, und ging wieder ab. Niemand klatschte, niemand schien meinen kleinen Auftritt überhaupt bemerkt zu haben. Und so blieb ich dann auch nicht mehr lange und machte mich, als Jerry Garcia seine ersten krummen Töne erklingen ließ, auf den Heimweg und dankte dem großen Musikgott dafür, daß er mich vor mehr als vier Jahrzehnten schon dem erbärmlichen Status eines reinen Amateurmusikers, den niemand auf der Welt kennt, glücklich enthoben hatte.
Einer meiner Gitarrenschüler erzählte mal, wie er mit einem Freund und dessen 9jähriger Tochter zusammengesessen und über alte Zeiten geplaudert habe. Dabei sei auch mal der an das Mädchen gerichtete Satz „als wir so alt waren wie du, gab es noch keine Computer“ gefallen.
Die junge Dame zeigte sich überrascht, dachte kurz nach und erwiderte: „Wenn ihr noch keine Computer hattet, wie seid ihr dann ins Internet gekommen?“
Gute Frage!
Pelikan über Pelikan als …
… Musiker:
Ein toller Sänger ist er nicht, hat sich inzwischen (im Alter von 64 Jahren) aber halbwegs damit abgefunden. Der Rest [Gitarrist, Songwriter] ist ganz okay.
… Schriftsteller:
Hat nach 45jähriger Übung endlich ein (in seinen Augen) annehmbares Niveau erreicht. Ist immer noch mit ganzem Autorenherzen dabei und plant für dieses Leben mindestens noch eine Prosabuchveröffentlichung [welche die erste seit 1982 sein würde].
… Maler:
Nach wie vor unterste Schublade.
… Innenarchitekt:
Hat die von ihm genutzten Wohnräume schon immer als „art in progress“ angesehen und ist seinem Höhlengemütlichkeitseinrichtungsprinzip bis heute treu geblieben.
… Videofilmemacher:
Hat viele Ideen, doch hapert es vor allem an technischen Möglichkeiten für eine erfolgreiche Umsetzung.
… Fotograf:
Hat ein gutes Auge, nur nicht die Zeit [Lust?], sich noch einmal einem gänzlich neuen Bereich zu widmen.
… Koch:
Eine einzige Katastrophe. Selbst ein einfacher Salat mit Essig und Öl hat überhaupt nicht geschmeckt.
… Dieb:
Ein lupenreiner Amateur. Zuletzt 1985 tätig geworden. Nachdem er die frisch erschienene Erstausgabe der „Zürcher Kassette“ von Arno Schmidt für 80 DM gekauft hatte, erschien einige Monate später die 2. Auflage mit einem zusätzlichen Poster [Was für eine Frechheit, den Erstausgabenkäufern gegenüber!], und dieses Poster entwendete er eines Tages in ebender Buchhandlung, in der er auch die Kassette (ohne Poster) erstanden hatte, unter großem Streß, aber ohne wirkliche Gewissensbisse.
… Frau:
Keine Ahnung. [Und wer diesen Kategoriepunkt nicht versteht, ist vielleicht nur kein Cineast.]
… Liebhaber:
Zärtlicher Durchschnitt. (Heißt: völlige Ahnungslosigkeit in bezug auf den weiblichen Orgasmus und seine Erzeugung.)
… Großvater:
Keine Chance auf Vera, Chuck and Dave. In den 70er Jahren hoffte er darauf, mal Onkel zu werden, fühlte sich für eigene Kinder aber nie reif genug. Vermißt am Nie-Vater-geworden-Sein nur manchmal das nie Gute-Nacht-Geschichten-Vorleser gewesen sein.
… Hausmann:
Eine absolute Niete.
… Gitarrenlehrer:
Der richtige Mann im richtigen Job. Weiß inzwischen sehr viel über die Materie, doch fallen seine Erklärungen im Unterricht deswegen auch manchmal etwas deutlich zu weitschweifig aus.
… Künstler:
Absolut kein Genie, aber doch etwas Besonderes.
… Geschäftsmann:
Der amerikanische Schriftsteller Richard Brautigan sagte in den 60er Jahren mal: „Ich bin dreißig, und in den letzten zehn Jahren lag mein Durchschnittseinkommen bei 1400 Dollar im Jahr. Amerika ist ein sehr reiches Land, und ich komme mir manchmal unamerikanisch vor.“
mmPelikans Durchschnittseinkommen lag, als er (als Musiker und Gitarrenlehrer im Eschhaus) dreißig war, sogar noch unter dem Brautigans. Inzwischen kann er von seinen Gitarrenkursen (an der Volkshochschule) aber fast schon leben.
… Autofahrer:
Hatte mit achtzehn mal über einen Führerscheinerwerb nachgedacht, es ob der damals schon zu erwartenden finanziell eher mageren Zukunftsaussichten aber wieder verworfen. Erledigt alles im Umkreis von 15 km mit dem Fahrrad.
mmZu Anfang des neuen Jahrtausends versuchte er sich überraschenderweise aber doch noch an einem (von Mutter finanzierten) Autoführerschein, gab nach 70 unerquicklichen Fahrstunden (bei 0 Fehlern in der theoretischen Prüfung) aber völlig desillusioniert wieder auf. Hat sich seitdem aber trotzdem weiterentwickelt und ist 2007 auf ein Fahrrad mit Gangschaltung [3 Gänge] umgestiegen.
… Bühnenakteur:
Hat sich – trotz manchmal fast unerträglichem Lampenfieber – auf den Brettern, die die Welt bedeuten, eigentlich immer recht wohlgefühlt. Genügt seinen eigenen musikalischen Ansprüchen inzwischen aber nicht mehr und will deshalb keine Auftritte mehr machen. Schließt Ausnahmen oder Meinungsänderungen allerdings nicht kategorisch aus.
Als ich ein kleiner Junge war, gab es im Duisburger Zoo auch bereits Löwen und Tiger. Sie wurden damals in relativ kleinen Käfigen gehalten, und ich weiß noch, daß ich beim Anblick dieser wilden Tiere [man durfte bis auf etwa zwei Meter an die mit dicken Gitterstäben bewehrten Käfige herantreten] sowohl beeindruckt als auch abgestoßen war. Beeindruckt von der Kraft, die man in jeder geschmeidigen Bewegung dieser Geschöpfe erahnen konnte, und abgestoßen von der Zurschaustellung ihrer so trostlos erscheinenden lebenslänglichen Gefangenschaft.
Heutzutage kann man Löwen und Tiger im Duisburger Zoo zwar nicht mehr aus so großer Nähe betrachten (falls sie sich nicht – wie auf dem Foto – gleich hinter der Glasscheibe aufhalten), doch sind sie dafür in Freigehegen untergebracht, was zugegebenermaßen schon eine deutliche Verbesserung zu ihrer alten Zweiraumbehausung [zum Schlafen gab es noch einen Bereich hinter den Käfigen] darstellt. Ich bin allerdings immer noch sehr zwiegespalten, wenn es um die Frage geht, ob man Raubkatzen überhaupt in Zoos halten sollte, wo ihr natürlicher Lebensmittelpunkt, der Jagdinstinkt, ja vollkommen unterdrückt wird. Ein alternatives Leben in freier Wildbahn hätte für Löwen und Tiger allerdings auch nicht nur Vorteile, da sie in ihren Heimatländern Gefahr liefen, von Wilderern getötet oder von Krankheiten dahingerafft zu werden. Wäre eine nicht ganz risikolose Freiheit in den großen Nationalparks also dem Eigentlich-nie-was-los-Aufenthalt in Zoos vorzuziehen? Werden Tiere in Zoos gehalten, weil ihnen dort ein besseres Leben als in ihrer natürlichen Heimat geboten wird? Oder doch nur, damit die Menschen ihren Spaß an ihnen haben?
Löwe im Duisburger Zoo
(Das Foto vom Löwen ist übrigens vom Loeven.)
An dieser Stelle möchte ich gerne noch zwei Literaturbeispiele aus dem ersten Viertel des 20. Jahrhunderts anführen, als die Verhältnisse in den Tierparks noch sehr viel unmenschlicher [oder müßte es untierischer heißen?] als heute waren, welche mir trotz inzwischen viel modernerer Tierhaltung jedoch immer noch zu denken geben.
„Wenn’s nach mir ginge, gäbe es auf der ganzen Welt keinen einzigen gefangenen Löwen oder Tiger. Die gewöhnen sich nie daran. Sie sind nie glücklich, finden sich nie damit ab. Sie denken immer an die riesigen Länder, die sie verlassen haben. Das kann man in ihren Augen lesen – sie träumen immer von der weitläufigen Landschaft, in der sie geboren wurden, von den dichten, dunklen Dschungeln, in denen ihre Mütter ihnen beigebracht haben, wie man Beute wittert und Fährte aufnimmt. Und was kriegen sie zum Ausgleich für all das?“ fragte der Doktor, blieb stehen und wurde ganz rot und zornig. „Was gibt man ihnen zum Ausgleich für die Pracht eines afrikanischen Sonnenaufgangs, für die Dämmerbrise, die in den Palmen flüstert, für die grünen Schatten der verflochtenen und verschlungenen Ranken, für die kühlen sternenreichen Nächte der Wüste, für das Murmeln des Wasserfalls nach einem harten Tag der Jagd? Was, frage ich dich, kriegen sie für all das? Einen nackten Käfig mit Eisenstäben, ein häßliches Stück totes Fleisch, das ihnen einmal am Tag hineingeschoben wird, und eine Menge Narren, die vorbeikommen und sie mit offenem Mund anstarren! Nein, Löwen und Tiger, diese großen Jäger, sollte man nie, niemals in einem Zoo sehen.“
Hugh Lofting, „Doktor Dolittles schwimmende Insel“ (1922)
Im Jardin des Plantes, Paris
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf — dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille —
und hört im Herzen auf zu sein.
Rainer Maria Rilke, 1902 oder 1903
Mein Vater ist 1921 in Duisburg geboren worden, meine Mutter 1922 in Wattenscheid (das heute zu Bochum gehört). Ich selbst habe – mit nur wenigen Ausnahmen, die aber nie länger als ein paar Monate gedauert haben – mein ganzes Leben in Duisburg verbracht, und weil das Interesse an Wo kommen meine Vorfahren eigentlich her? bei mir erst sehr spät geweckt worden ist, habe ich mich vier Jahrzehnte lang als reinrassiger Ruhrgebietler gefühlt, der mit Flüchtlingen oder Zuwanderern und so nicht das geringste zu tun hatte. Schließlich waren meine Eltern ja beide aus dem Kohlenpott.
Wenn ich aber nur eine Generation weiter zurückgeblickt hätte, wäre mir der Migrationshintergrund meiner Familie sogleich klargeworden, denn:
– Mein Großvater Wilhelm Pelikan wurde in Perbanden geboren.
– Seine Frau Hedwig (geborene Groß) kam in Hanswalde zur Welt.
– Meine andere Großmutter, die auf den hübschen Vornamen Adina und den etwas schwer über die Zunge gehenden Nachnamen Sbrzesny hörte, hat das Licht der Welt in Canditten erblickt.
– Und lediglich mein Großvater Ernst Szablinsky, dessen Vater aus Kurziontken stammt, ist schon im heutigen Deutschland (in Wattenscheid) geboren worden.
Die Namen Perbanden, Hanswalde, Canditten und Kurziontken sind aber auf keiner aktuellen Landkarte mehr zu finden, weil diese Ortschaften inzwischen Przebędowo, Jachowo, Kandyty und Kurczątki heißen und in Polen liegen.
Wilhelm Pelikan, 1879 in Perbanden im Kreis Heiligenbeil in Ostpreußen geboren, ist gelernter Schneider gewesen. Von 1901 bis 1903 leistete er seinen Militärdienst in Lothringen ab und ging anschließend nach Wattenscheid, wo er eine Zeitlang als Geselle bei einem Schneidermeister, der ebenfalls aus Heiligenbeil stammte und außerdem noch ein Urgroßonkel mütterlicherseits von mir war, arbeitete. Im Alter von 25 Jahren ging Wilhelm dann nach Duisburg, wo er im April 1905 der erst im Vorjahr gegründeten Berufsfeuerwehr auf der Friedenstraße in Hochfeld (wo heute das Kulturzentrum „Alte Feuerwache“ untergebracht ist) beitrat. Die Berufsfeuerwehr nahm damals nur Männer auf, die ein Handwerk (Schneider, Schuster, Zimmermann, Schreiner, Schlosser und Ähnliches) gelernt hatten, das auch der neuen Arbeitsstelle zugute kommen würde, und im Fall meines Opas, des Schneiders, wird man sich deshalb leicht denken können, daß er eine Menge Zeit mit Nähen und Ausbessern von Uniformen zugebracht hat. Aber auch Hufschmiede dürften vor rund 100 Jahren in diesem Berufszweig gute Chancen gehabt haben, da dem Dienstplan der Duisburger Berufsfeuerwehr von 1919 nämlich zu entnehmen ist, daß neben den normalen Beschäftigungen (wie handwerkliches Arbeiten, Putz- und Reinigungstätigkeiten, Unterweisungen, Turnen und Exerzieren) auch Stalldienst zu verrichten war:
6:30 Pferde füttern und tränken.
7:30 Stall reinigen, Geschirr reinigen, Pferde putzen.
11:00 erneut Pferde füttern und tränken.
Mittags folgten dann Wachwechsel und Probealarm, und für die Männer der nächsten Schicht hieß es ebenfalls wieder Pferde füttern, tränken, putzen sowie Stall und Geschirr reinigen bis zum nächsten Probealarm um 8 Uhr abends. Und der letzte Tagesordnungspunkt lautete Licht aus! und war für 10:30 anberaumt.
Im Hof des Wanheimerorter Hauses: Halbtante Frieda, Großonkel Otto, Oma Hedwig, Opa Wilhelm, und der Junge vorne ist mein Vater Fritz, 1933
Wilhelm heiratete um 1910 herum eine aus Canditten in Ostpreußen stammende Frau (die interessanterweise die beste Freundin meiner Urgroßmutter mütterlicherseits war, so daß dies schon der zweite Hinweis darauf ist, daß sich der mütterliche und väterliche Zweig meiner Familie gekannt haben, bevor sie in der Eheschließung meiner Eltern 1952 zusammenliefen) und bekam mit ihr vier Kinder, die bis auf eines alle kurz nach der Geburt starben. Und um die Tragödie perfekt zu machen, überlebte auch die Kindsmutter die letzte Geburt nicht, so daß Wilhelm im Mai 1918 (mit gerade mal 38 Jahren) bereits Witwer geworden war und nun allein für seine 6jährige Tochter Frieda sorgen mußte. Um dem Abhilfe zu schaffen, hat er sich zwei Jahre später noch eine neue Ehefrau zugelegt, die er allerdings nicht im Ruhrgebiet fand, sondern in seiner alten Heimat, zu der er nach wie vor engen Kontakt hatte, weil ja seine Eltern und sämtliche fünf Geschwister noch dort lebten. Die Hochzeit meines Großvaters Wilhelm und meiner Großmutter Hedwig wurde im Oktober 1920 in Deutsch Thierau in Ostpreußen abgehalten, und 9 Monate und 1 Woche später kam mein Vater Fritz zur Welt. Des weiteren ist noch erwähnenswert, daß mein Opa (der bis dahin in Hochfeld auf der Friedenstraße, Siechenhausstraße und Reichsstraße – heute Rheinhauser Straße – gewohnt hatte) sich 1929 ein Haus in Duisburg Wanheimerort gebaut hat, in dem auch ich später lange gelebt habe. Kennengelernt habe ich diesen Großvater allerdings nie, weil er 1935 schon gestorben ist.
Etwas mehr als ein Jahrzehnt vor Wilhelm war auch ein anderer junger Mann in seinen frühen 20ern aufgebrochen, um fast 1000 Kilometer von der Heimat entfernt sein Glück zu suchen. Der hohe Bedarf an Arbeitskräften hatte im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts dazu geführt, daß mehr als 150 000 Zuwanderer (vor allem aus den preußischen Ostprovinzen und aus Österreich) ins Ruhrgebiet gezogen waren, zu denen auch Carl Szablinsky, mein ostpreußischer Urgroßvater mütterlicherseits, gehörte. Er fand einen Job als Bergmann in der Zeche Holland in Wattenscheid, heiratete im März 1892 die ebenfalls aus Ostpreußen stammende Emma Brandt und wurde nach Ablauf von 10 Monaten [die hatten’s damals offenbar ziemlich eilig mit dem Kinderkriegen] Vater eines Jungen namens Ernst, der 6 Jahrzehnte später mein anderer Großvater werden sollte.
Ernst Szablinskys Arbeitsleben begann 1907 im Alter von 14 Jahren in einem Wattenscheider Stuckgeschäft, wo er als Schleifer anfing und als Stuckateur endete. Mit 19 Jahren ging er aber, seinem Vater folgend, ebenfalls in den Bergbau, wo er zunächst als Schlepper schuftete, was ca. 100 Kilogramm schwere Tröge durch die Grubengänge zu ziehen bedeutete. Im 1. Weltkrieg, den er sowohl an der Ost- als auch an der Westfront miterlebte, erlitt er 1917 in der Frühlingsschlacht von Arras einen Oberkörperdurchschuß und wurde nach seiner Genesung zum Arbeitsdienst in die Wattenscheider Zeche Centrum versetzt. Zu Beginn der 1920er Jahre wechselte er dann zur Zeche Holland, wo er – mit Ausnahme eines gescheiterten Versuchs, sich als Polier selbständig zu machen – bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1958 als Maurer tätig war.
Ernsts Frau, meine Großmutter Adina, kam 1896 im ostpreußischen Canditten, Kreis Preußisch Eylau, zur Welt, wo ihr Vater Leopold Sbrzesny (ein weiterer Schneider / die Mehrzahl meiner Ahnen sind allerdings Bauern gewesen) 5 Jahre später (1901) bereits an Tuberkulose verstarb. Zwei Jahre danach folgte Leopolds noch keine 30 Jahre alte Witwe Wilhelmine mit Paul (8 Jahre) und Adina (7 Jahre) ihrer Schwester Johanna und deren Mann August [der sowohl Leopolds Bruder als auch der schon oben erwähnte Schneidermeister war, bei dem mein Opa Wilhelm zeitgleich eine Anstellung fand] ins „Gelobte Land“ nach Wattenscheid, wo sie sich in den kommenden Jahrzehnten mehr schlecht als recht als Wäschebüglerin über Wasser hielt.
Wann Ernst Szablinsky und Adina Sbrzesny einander kennengelernt haben, weiß ich nicht, doch bevor sie im Januar 1921 heirateten und im Jahr darauf ein Töchterchen namens Ruth (meine Mutter) bekamen, war noch etwas ganz Besonderes geschehen. Ernsts Vater Carl, seiner Frau Emma und ihren drei Kindern war im Juni 1919 nämlich offiziell erlaubt worden, ihren bisherigen Familiennamen abzulegen und sich künftig Schwertmann zu nennen. Und weil Szabla im Polnischen Säbel bedeutet, ist die Wahl des neuen Namens auch nachvollziehbar [obwohl ich an ihrer Stelle etwas weniger kriegerisch klingendes, wie z. B. Säbeler oder so, gewählt haben würde – oder war der Name von den Behörden ausgesucht worden?]. Die genauen Beweggründe für diesen doch schon ziemlich bedeutenden Schritt sind allerdings nicht überliefert, so daß es reine Spekulation ist, wenn ich vermute, daß es für Carl Szablinsky auch nach 25 Jahren in der neuen Heimat noch immer von Nachteil gewesen sein dürfte, an seinem Namen sogleich als möglicher Zuwanderer erkannt werden zu können … und von dem ein knappes Jahrhundert später guten Klang von Nachnamen wie Schimanski, Podolski oder Lewandowski konnte er damals natürlich noch nichts ahnen.
Die Vorfahren meiner Eltern sind also sämtlich Zuwanderer aus Ostpreußen gewesen, doch hat es in meiner Familie auch echte Flüchtlingsdramen gegeben.
Meine Großmutter Hedwig Pelikan (geborene Groß) aus Hanswalde im Kreis Heiligenbeil in Ostpreußen hatte zwei Brüder, Otto (*1888) und Ernst (*1891), die beide den Beruf des Stellmachers erlernt hatten. [Ein Stellmacher fertigte Räder, Wagen und andere landwirtschaftliche Geräte aus Holz an.] Und weil der elterliche Hof traditionsgemäß dem ältesten Sohn übergeben wurde, zog Ernst in den 1910er Jahren fort, fand Arbeit in der „Sächsischen Waggonfabrik“ in Werdau in Sachsen und gründete dort im Jahr 1919 eine eigene Familie. Sein älterer Bruder Otto blieb dagegen in der Heimat, richtete sich im elterlichen Haus eine eigene Werkstatt ein und machte sich als Stellmacher in Hanswalde selbständig. Zu dem Großschen Besitz gehörten neben dem Wohnhaus auch noch 1,5 Morgen Land, auf dem zwar auch einiges angebaut wurde, das den Nahrungsmittelbedarf aber längst nicht decken konnte, so daß Otto sich für seine Arbeit als Stellmacher auch schon mal in Naturalien (Fleisch und Getreide usw.) entlohnen ließ.
Seine Eltern starben Anfang 1931 im Abstand von nur vier Wochen, und acht Jahre lang war Otto dann ganz alleine, bevor er mit 50 Jahren noch heiratete und fortan glücklich und zufrieden mit seiner Frau Franziska im Haus seiner Vorfahren lebte … bis im sechsten Kriegsjahr die russische Armee in den Kreis Heiligenbeil einmarschierte und das Ehepaar Groß im Februar 1945 – wie Hunderttausende andere auch – Hab und Gut zurücklassen mußte, um bei der Flucht über das zugefrorene Frische Haff (da der Landweg bereits abgeschnitten war) ihr Leben zu retten. Wer es dagegen vorzog, zu bleiben, lief Gefahr, einfach zu verhungern (wie eine meiner Urgroßtanten), oder von plündernden Soldaten erschossen (wie deren Tochter) oder nach Sibirien verfrachtet zu werden. [Trotz aller von den russischen Soldaten verübten Grausamkeiten darf man aber nicht vergessen, daß dies ja „lediglich“ Reaktionen auf den 1941 erfolgten deutschen Angriff waren, den Hitler trotz des kaum zwei Jahre zuvor unterzeichneten deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakts befohlen hatte.]
Otto und Franziska gelang zwar die Flucht, doch hatten sie kein Glück im Unglück. Sie wurden in dem Städtchen Waren an der Müritz in Mecklenburg aufgenommen, wo Ende 1945 mehr als 6000 Vertriebene aus den deutschen Ostgebieten untergebracht waren. Daß die Lebensbedingungen dort – weil die einheimische Bevölkerung ja selbst kaum genug zu essen hatte – nicht gerade zum besten standen, läßt sich denken, doch wurde es noch wesentlich schlimmer, als eine Typhusepidemie ausbrach, der (neben mehr als 1500 weiteren Menschen) im März 1946 auch Franziska Groß zum Opfer fiel.
4 Generationen: Der Autor dieses Beitrags mit Mutter Ruth, Großmutter Adina und Urgroßmutter Wilhelmine, Juni 1954
Der unglückliche Witwer, der im Verlauf von kaum mehr als einem Jahr Ehefrau, Haus, Hof und Heimat verloren hatte, kam schließlich bei seinem Bruder Ernst in Werdau unter, wo er ebenfalls in der Waggonfabrik als Stellmacher Arbeit fand und bis zu seiner Pensionierung tätig blieb. Als frischgebackener Rentner besuchte er im Juni 1954 dann seine Schwester Hedwig Pelikan in Westdeutschland, um auch seinen 7 Monate alten Großneffen (mich!) einmal zu sehen, und während dieses Aufenthaltes erkrankte er so schwer, daß er bei Ablauf seiner Aufenthaltsgenehmigung nicht mehr zurückzureisen imstande war. Er stellte daraufhin den Antrag, zwecks erweiterter Familienzusammenführung in Duisburg bleiben zu dürfen, was ihm im November ’54 auch gewährt wurde. Und so lebte mein Großonkel Otto dann von 1954 bis ’71 mit uns [meiner Großmutter (die 1960 verstarb), meinen Eltern, meiner 1955 geborenen Schwester Inge und mir – und bis 1956 auch noch mit einem fremden Ehepaar, das nach dem Krieg die ganze 1. Etage unseres Einfamilienhauses zugewiesen bekommen hatte und jahrelang keine Anstalten machte, sich eine andere Wohnung zu suchen, um den Eigentümern ihren dringend benötigten Wohnraum zurückzugeben. 1955/56 lebte dieses Ehepaar auf 35 m², während die inzwischen 6köpfige Familie Pelikan/Groß mit den übrigen 45 m² auskommen mußte] unter einem Dach in dem Häuschen, das mein Opa Wilhelm zu Ende der 1920er Jahre gebaut hatte. 1971 wurde Otto nach einem Waldspaziergang beim gedankenverlorenen Überqueren einer Straße von einem Auto erfaßt und brachte noch vier Jahre in einem Pflegeheim in Mülheim an der Ruhr zu, wo er schließlich, fast 87jährig, starb. Und noch Jahre später fanden wir – was in Ostpreußen vielleicht so üblich war, wenn man etwas zu entsorgen hatte (?) – beim Umgraben im Garten (welcher Großonkel Otto zur Bewirtschaftung und Pflege überlassen worden war) kleine Andenken an ihn: jede Menge Ziegelsteine zum Beispiel, und einmal sogar eine ganze Zinkwanne.
Ottos Schwager – mein Feuerwehrmann-Opa – hatte fünf Geschwister, von denen vor allem Gustav, der Älteste, mit zwölf Kindern (die zwischen 1901 und 1924 geboren wurden) für Nachwuchs gesorgt hat. Von Gustavs vier Söhnen fielen zwei im 2. Weltkrieg, und von seinen acht Töchtern kam die jüngste auf der Flucht übers Frische Haff ums Leben, während eine andere dabei ein Bein verlor. Man muß sich das nämlich so vorstellen, daß man nicht einfach nur aufs Eis zu gehen und zu hoffen brauchte, daß es hält (was bei den teils sehr schwer beladenen Wagen nämlich auch nicht immer der Fall gewesen ist), sondern daß der Flüchtlingsstrom auch immer wieder von Tieffliegern beschossen wurde. Von den überlebenden Kindern meines Großonkels Gustav Pelikan haben sich gleich mehrere in Duisburg und Umgebung niedergelassen, so daß es mir in den 90er Jahren (als ich anfing, mich für Ahnenforschung zu interessieren) noch möglich war, zwei davon persönlich zu befragen. Zum einen die damals schon 80jährige Anna, sowie ihre Schwester Gertrud, die auch mit Mitte 70 noch – trotz ihres künstlichen Beins – sehr agil unterwegs war.
Großtante Auguste Pelikan, Großvater Ernst Schwertmann, sowie der anscheinend nicht besonders gutgelaunte Erzähler, Mai 1969
Deutlich mehr hatte ich aber mit deren beider Tante, der jüngsten Schwester meines Großvaters Wilhelm, zu tun gehabt. Auguste Pelikan war 1891 in Stolzenberg (Kreis Heiligenbeil) geboren worden, wo sich ihr Vater (und mein Urgroßvater) Gottlieb Pelikan in den 1880er Jahren einen Bauernhof gekauft hatte, der etwa 3 km von Gut Pellen entfernt lag, wo er als Arbeiter angestellt und auch in der dortigen Schnapsbrennerei [ein Uropa als Schnapsbrenner – cool, ’ne?] tätig gewesen war. Seine Tochter Auguste ist – nachdem ihr Verlobter im ersten Weltkrieg gefallen war – unverheiratet geblieben und hat den elterlichen Hof schließlich bis 1945 alleine bewirtschaftet. Der Besitz bestand aus einem Bauernhaus mit drei Räumen nebst Stallungen und Scheune (alles unter einem Dach) plus 2 ha Land (was einer Fläche von etwas mehr als zwei Fußballfeldern entspricht), das folgendermaßen genutzt wurde:
1 ha Äcker (Roggen, Hafer, Kartoffeln und Klee)
½ ha Wiese
¼ ha Weide
¼ ha Obst- und Gemüsegarten.
Und davon konnte meine Großtante Auguste (zumal sie auch noch ein Rind, ein paar Schweine und etliche Hühner besaß) leben und mußte zur Erntezeit sogar Tagelöhner einstellen.
Am 7. Februar 1945 kam aber auch für sie das Aus, als sie ebenfalls alles zurücklassen und sich auf die Flucht übers Eis begeben mußte.
Großtante Auguste war Mitte 50, als sie ihre Existenzgrundlage verlor und – in Duisburg eingetroffen – nochmal neu anfangen mußte. Daß der Wert ihres ostpreußischen Haus- und Grundbesitzes auf stattliche 15 000 Reichsmark geschätzt wurde, ist ihr leider von keinerlei Nutzen gewesen, und so hat sie nach dem Krieg noch einige Jahre als Küchenhilfe im Duisburger Bethesda-Krankenhaus gearbeitet, bevor sie aus Altersgründen ausscheiden und von Sozialhilfe leben mußte. Von 1953 an hat sie ihre letzten drei Lebensjahrzehnte in einem einzigen Zimmer ohne Küche und ohne Bad – mit Wasserhahn im Hausflur und dem Klo eine halbe Treppe tiefer – auf der Paulusstraße in Hochfeld verbracht. Ich habe Fräulein Pelikan (wie sie bis zum Ende ihres Lebens genannt werden wollte) häufig als eine einer anderen Zeit entsprungene Person empfunden, die sich trotz ihrer ärmlichen Lebensumstände (sie hatte auch nie ein Telefon oder einen Fernsehapparat) aber niemals beklagt hat. Und sie ließ es sich auch nicht nehmen, jedes Jahr an Heiligabend (weil keine Straßenbahnen mehr fuhren und sie ohnehin lieber zu Fuß ging) von Hochfeld nach Wanheimerort zu laufen, um an der Weihnachtsfeier im Haus meiner Eltern teilzunehmen. Auch den nächtlichen Rückweg erledigte sie zu Fuß, und erst mit über 80 (sie ist 92 Jahre alt geworden) gestattete sie es ihrem Neffen (meinem Vater), sie wenigstens mit dem Auto zurückzubringen.
Postkarte von 1935: Hanswalde, der Geburtsort von [väterlicherseits:] Großmutter Hedwig Groß, Großonkel Otto Groß, Urgroßvater August Groß, Urgroßmutter Amalie Hahnke, Ururgroßvater Gottlieb Groß, Ururgroßvater Gottlieb Hahnke, [sowie mütterlicherseits:] Urgroßmutter Wilhelmine Gerlach und Ururgroßvater August Gerlach
Ich wünsche all diesen Menschen eine friedliche Weihnachtszeit, egal, welche Sprache sie sprechen, in welchem Land sie sich aufhalten oder welcher Religion sie sich nahe fühlen.
Duisburg, 4. Advent 2015
Bob Dylan und Albert Einstein hatten recht.
Der eine mit der Aussage the times they are a-changin‘, und der andere mit der Feststellung, daß alles relativ sei.
Das Universum ist alt. Ewa 13,82 Milliarden Jahre alt.
Der moderne Mensch (Homo sapiens) ist jung. Im Verhältnis zum Universum gesehen. Vermutlich um die 200 000 Jahre alt (oder jung).
Es fällt mir allerdings sehr schwer, mir letztgenannte Zeitspanne überhaupt begrifflich vorzustellen. Ganz zu schweigen von 13,82 Milliarden Jahren. 2000 Jahre bekomme ich irgendwie noch hin. 4600 (vor ungefähr dieser Zeit soll der Bau der Pyramiden von Gizeh begonnen haben) zur Not auch noch. Aber darüber hinausgehend hört’s bei mir echt auf.
Und so habe ich einen kleinen Plan erstellt, um den Menschen in Relation zum Universum ein wenig besser einordnen zu können. Stellt euch vor, das Universum wäre bis heute genau ein Universumsjahr mit 365 Universumstagen alt. Dann wäre es am 1. Januar um null Uhr null gestartet, und zwar – wie wir wissen – mit einem recht beachtlichen Neujahrsfeuerwerk.
Und wie es danach weiterging, könnt ihr hier ersehen.
Aus Lokale Sportnachrichten der aktuellen Ausgabe der OTZ (Obermarxloher Trivial Zeitung):
„Beim achtunddreißigsten, alljährlich seit 1977 am ersten Dezemberwochenende zwischen Journalisten und Musikern aus Duisburg ausgetragenen Fußballspiel um den Carl Korte Cup ist in diesem Jahr die Rekordmarke von dreißig Toren erreicht worden. Beide Abwehrreihen glänzten durch schlechtes Stellungsspiel und nahezu körperlosen Zweikampfeinsatz, so daß der wegen eines Bandscheibenvorfalls von einem Drehstuhl im Mittelkreis aus operierende Referee einen ruhigen Nachmittag verlebte und lediglich in der ersten Halbzeit beiden kompletten Mannschaften einmal die gelbe Karte wegen Zeitspiels zeigen mußte. Zum umjubeltsten Akteur auf dem Platz avancierte schließlich der erst kurz vor Schluß eingewechselte Newcomer Nat Schriller, der in der letzten Minute der Nachspielzeit den entscheidenden Freistoß zum gerechten 15:15-Endstand verwandelte, als die gegnerische Zwei-Mann-Mauer hochsprang und der mit der Pike aus dem Stand getretene Ball einfach geradlinig untendrunter durchhoppelte und Pelikan im Tor der Musiker ziemlich schlecht aussehen ließ.“
Unser „Man of the Match“: Starreporter Nat Schriller in einer seiner vielen Verkleidungen.
Oktober 2014
Ältere Mitbürger werden sich noch an die Blütezeit des Duisburger OTZ Konzerns in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts erinnern können, der vor allem durch die Ausrichtung zweier dreitägiger Musikfestivals im Zentrum Eschhaus, durch die Herausgabe von acht „Waren“-Katalogen, neun Büchern einheimischer Autoren, einem Kunstkalender, einem Comicband, zwei Lexika und natürlich auch aufgrund der Produktion von Hunderten dieser rund 100 cm² großen dreiteiligen roten (und für die Motorradabteilung später auch grünen) OTZ Aufkleber, die vor allem die Karosserien ungezählter PKWs im In- und Ausland geziert haben, unvergessen geblieben ist.
Wirklich unvergessen?
Dem nachzugehen machten sich in diesen Tagen Starreporter Nat Schriller und A.S.H. Pelikan, Leiter der OTZ Konzern Nebengeschäftsstelle Duisburg Neudorf, auf den Weg. Doch nicht ein einziges dem Zahn der Zeit starrsinnig trotzendes T oder Z oder O auf einem verrosteten Kotflügel im stillsten Winkel eines lokalen Schrottplatzes, nicht das winzigste Stückchen Konzertplakat an der Mauer eines entlegenen Viertels unserer Stadt, nicht der kleinste zerlesene Prosaband inmitten reichhaltigster Sperrmüllhaufen waren trotz stundenlanger angestrengter Suche im heutigen Stadtbild noch aufzuspüren, so daß alles darauf hinzudeuten schien, daß auch die letzten sichtbaren Überbleibsel dieser vor nur drei bis vier Jahrzehnten noch mehrfach zum beliebtesten Konzern der Stadt gewählten Organisation inzwischen vollkommen – dem sagenhaften Atlantis nicht ganz unähnlich – von der Oberfläche dieses Planeten getilgt worden seien.
Doch dann, als die erfolglosen Entdecker bereits tiefbetrübt den trostlosen Heimweg angetreten hatten, fiel ihnen beim Passieren einer unscheinbaren Toreinfahrt ein eigentlich recht schäbiges aber nichtsdestotrotz überaus glorreiches Graffito ins Auge, das ihnen den Glauben an die echten Werte dieser schnellebigen Zeit im Bruchteil einer Sekunde wieder zurückzugeben vermochte. O happy day!
Starreporter Nat Schriller (links) – hier in einer seiner vielen Verkleidungen – und OTZ Konzern-Prokurist Pelikan präsentieren voller Stolz den historischen Hinweis auf die Unvergänglichkeit eines wahren Duisburger Weltkulturerbes.
P.S.: Wer nun aber doch nicht die Augen vor der bitteren Wahrheit der Kehrseite dieser Medaille verschließen möchte, braucht nur auf diesen Link zu klicken.
Nach den spektakulären Romanserien um die „Hebamme“, die „Putzfrau“ und den „Steuerberater“ springt endlich auch A.S.H. Pelikan mit seiner 20bändigen Krimireihe um den von Geheimnissen umgebenen „Musiker“ auf den abgefahrenen Erfolgszug. Freuen Sie sich rechtzeitig zum Ferienbeginn auf folgende Bände im OTZ Verlag:
01) Die Hebamme des Musikers
02) Der Auftakt des Musikers
03) Der Blackout des Musikers
04) Die Rückkehr des Musikers
05) Die Rache des Musikers
06) Der Musiker spielt nicht mit
07) Der Musiker und das Groupie
08) Die Geduld des Musikers
09) Der Musiker und die Tonart des Schreckens
10) Der Musiker und das Vibrato des Grauens
11) Der Musiker und das Catering des Bösen
12) Die Geduld des Musikers 2
13) Der Musiker spielt auf Zeit
14) Der Fehler des Musikers
15) Der Sohn des Musikers
16) Die Tochter des Musikers
17) Die Tante des Musikers
18) Die Putzfrau des Musikers
19) Der Steuerberater des Musikers
20) Das Vermächtnis des Musikers
Der Autor (links) und sein Literaturagent Konsul Ferdinand von Schnelldreher-Steppendorf stoßen auf den großen Durchbruch an.
Herbst 2013
Der Duisburger Künstler A.S.H. Pelikan ist 60 Jahre alt geworden!
Was für die einen ein Grund zum Feiern sein mag, bedeutet für andere dagegen nur einen weiteren Beleg für die Ungerechtigkeit dieser Welt. Doch ist das Leben halt noch nie fair gewesen, auch 1974 nicht, als Pelikan mit 21 Jahren volljährig wurde [erst 1975 wurde der Volljährigkeitsstatus geändert und auf 18 Jahre herabgesetzt] und damit beispielsweise schon älter als Tutanchamun geworden war.
Und mit 22 Jahren älter als Eddie Cochran.
Mit 23 älter als Buddy Holly.
Mit 24 älter als Jimmy Blanton.
Mit 25 älter als James Dean.
Mit 26 älter als Scott LaFaro.
Mit 27 älter als Nick Drake.
Mit 28 älter als Jim Morrison.
Mit 29 älter als Tim Buckley.
Mit 30 älter als Marc Bolan.
Mit 31 älter als Emily Brontë.
Mit 32 älter als Rudolph Valentino.
Mit 33 älter als John Bonham.
Mit 34 älter als John Belushi.
Mit 35 älter als Lowell George.
Mit 36 älter als Wolfgang Amadeus Mozart.
Mit 37 älter als Marilyn Monroe.
Mit 38 älter als Thomas Wolfe.
Mit 39 älter als J.B. Lenoir.
Mit 40 älter als Che Guevara.
Mit 41 älter als John Lennon.
Mit 42 älter als Neal Cassady.
Mit 43 älter als Elvis Presley.
Mit 44 älter als Dan Blocker.
Mit 45 älter als Robert Louis Stevenson.
Mit 46 älter als Georges Perec.
Mit 47 älter als John F. Kennedy.
Mit 48 älter als Jack Kerouac.
Mit 49 älter als Marty Feldman.
Mit 50 älter als Douglas Adams.
Mit 51 älter als Carson McCullers.
Mit 52 älter als René Goscinny.
Mit 53 älter als Frank Zappa.
Mit 54 älter als Philip K. Dick.
Mit 55 älter als Rudolf Nurejew.
Mit 56 älter als Johnny Ramone.
Mit 57 älter als Ludwig van Beethoven.
Mit 58 älter als Humphrey Bogart.
Mit 59 älter als George Harrison.
Mit 60 älter als Truman Capote.
Tja, das Leben ist endlich, also macht was draus und nutzt den Tag.