Meine erste große Liebe ist Literatur gewesen. Die zweite war Musik.
Im Alter von 12 Jahren (1966) habe ich die Popmusik entdeckt, die mich bald schon derart für sich eingenommen hat, daß sogar meine wilde Begeisterung für Karl-May- und Perry-Rhodan-Lektüre in den Schatten gestellt wurde. Zum einen sind die Musik-Protagonisten “Helden” gewesen, die nicht dem Kulturkreis von Eltern und Lehrern (also Erwachsenen, die einem vorgaben, was man wissen sollte) angehörten, und zum anderen haben ihre Klänge meine unsichere junge Seele derart überirdisch zu berühren vermocht, wie ich es nie zuvor gekannt oder für möglich gehalten hatte. Das erste Mal Songs zu hören wie No Milk Today (Herman’s Hermits) / Semi-Detached, Suburban Mr. James (Manfred Mann) / Good Vibrations (The Beach Boys) / Penny Lane (The Beatles) / Strange Days (The Doors) / Itchycoo Park (The Small Faces) und andere waren absolut einschneidende und der Wunder übervolle Erlebnisse, die mir eine Tür zu einer Welt öffneten, in der ich definitiv leben wollte.
Der nächste, meine Zukunft prägende Schritt war 1970 dann (mit 16¾ Jahren) das Finden MEINES Instruments: der Gitarre. Zuvor hatte ich nur ein wenig (in C-Dur) auf dem Klavier dilettiert [hatte im Alter von 9 Jahren mal ein qualvolles Jahr lang Unterricht nach Noten nehmen müssen] und (auch schon mal beim Luftorgelspielen zu Schallplatten) davon geträumt, irgendwie an eine Orgel zu gelangen und bei “Black Lice”, der Band meines Klassenkameraden Kim Merz, einzusteigen.
…..Das Schicksal hatte mich aber zum Gitarrenspieler bestimmt, und als solcher fand ich mich im Frühling 1971 in einem akustischen Hausmusik-Bluestrio mit Zoppo Bausen (Bongos) und Tom Altrogge (Gitarre, Geige) wieder, das sich ein ganzes Jahr lang jeden Abend traf, um Musik zu machen und Schallplatten zu hören und bekifft abzuhängen. In dieser Zeit habe ich auch angefangen, mich am Schreiben von eigenen Liedern zu versuchen, und weil ich Instrumentalmusik überhaupt nicht mochte, bin ich halt auch noch Texter und Sänger geworden. Und diese Texte mußten natürlich in englischer Sprache sein, weil das nun einmal die Sprache des Blues war und Deutsch (außer bei Schlagern) in jener Zeit eigentlich nur von Protestsängern (mit denen ich nicht das geringste zu tun haben wollte) benutzt wurde. Selbst Lindenbergs im August desselben Jahres veröffentlichte erste LP hatte noch ausschließlich englische Texte.
…..[1972 habe ich – ein paar Wochen nach der Musterung – in dem Formular des (pflichtterminlichen) Eignungstests für die Bundeswehr auf die Frage nach dem wichtigsten Ereignis in meinem Leben (nicht ganz ernst gemeint) “der Englischunterricht in der Schule” angegeben. Und als man später nachhakte, was das denn bedeuten solle, habe ich erklärt, daß ich Gitarrenspieler sei und mal vom Musikmachen mit Liedern in englischer Sprache leben wollte, und ohne die Kenntnis dieser Sprache würde mir das ja nicht möglich sein: deshalb meine Wertschätzung dieses speziellen Schulfachs.]
Und das Liederschreiben hat sich dann als nächster wichtiger Meilenstein auf meinem Weg zum Leben als Künstler erwiesen, weil diese schöpferische Tätigkeit mir langsam aber sicher (auch wenn die qualitative Seite in den ersten Jahren noch einiges zu wünschen übrigließ) immer mehr das überwältigend gute Gefühl gegeben hat, vielleicht doch zu etwas Besonderem fähig zu sein, da ich mich bis dahin nämlich eher als ziemlichen Versager gesehen hatte.
Als junger Musiker ist es mein (heimlicher) Traum gewesen, irgendwann auch mal Schallplatten zu machen und von Musik leben zu können, doch aufgrund meiner (seit der Kindheit schon) übergroßen Ängstlichkeit und arbeitsscheuen Bequemlichkeit [mietfrei im Haus der Eltern wohnen bleiben zu dürfen ist nicht die beste Motivation, um die Welt zu erobern] ist der unbedingte Wille, dieses Ziel auch wirklich erreichen zu wollen (und es sich nicht nur zu wünschen), leider nicht in ausreichendem Maße vorhanden gewesen. Denn sonst hätte ich beispielsweise die sich mir 1975 gebotene Gelegenheit ergriffen, nach Berlin zu ziehen und Gitarrist in der Band von Francis Serafini zu werden [siehe/höre die CD “Falsch abgebogen”].
Aber so blieb ich halt in Duisburg, genoß mein (hinter den Kulissen immer noch von quälenden Selbstzweifeln bestimmtes) Leben als lokaler Musiker, wurde langsam ein besserer Gitarrist und auch besserer Songschreiber und entdeckte 1982 zu meiner eigenen Überraschung schließlich, daß ich mittlerweile tatsächlich in der Lage war, qualitativ bessere deutsche als englische Texte zu verfassen, die sich auch noch recht ordentlich singen ließen (da es definitiv schwieriger ist, gute Melodien aus deutschen, statt aus englischen, Worten zu erschaffen).
Und weil ich im Alter von 30 Jahren immer noch von der “ohne uns wird der Junge ja verhungern”-Gunst meiner Eltern lebte, sagte ich im Frühjahr 1984 nicht nein zu dem völlig unerwartet eintreffenden Angebot, den Anteil von selbstverdienten Talern durch die Übernahme zweier Gitarrenkurse an der hiesigen Volkshochschule etwas aufzustocken. Auch wenn ich mir damals nie hätte träumen lassen, ganze 36 Jahre lang (und erst von der Coronapandemie jäh ausgebremst: eigentlich hatte ich nämlich noch ein paar Jährchen weitermachen wollen) dabeizubleiben und ein eigenes Kurssystem (bei dem Schüler – wenn alle meine Angebote genutzt wurden – vier Jahre lang Unterricht von mir bekamen) aufzubauen und mich dabei im Laufe der Jahrzehnte immer mehr wie der richtige Mann im richtigen Job zu fühlen, so daß ich es im Nachhinein keineswegs bereue, nicht ein vermutlich deutlich schwierigeres und anstrengenderes Leben als Profi- oder Semiprofimusiker geführt zu haben.
Und ich freue mich, auf dieser Webseite noch eine Menge detailreicher Informationen zu den oben angesprochenen Punkten von pelikanesischer Musik, Songtexten und Gitarrenlehrertum geben zu können.