Die Geschichte meines fast zustande gekommenen 50-Jahre-Bühnenjubiläums

18. November 2022

Liebe Leute!
Heute vor 10 Jahren hätte im Grammatikoff (vormals Hundertmeister) ein Konzert aus Anlaß meines 40-Jahre-Bühnenjubiläums stattfinden sollen. Und als besonderen Gag wollte ich an dem Abend auch schon Eintrittskarten für das 50-Jahre-Bühnenjubiläum an den Fan bringen:

 

 

Die Karte hätte dann genau 1 € gekostet.

 

Aber nur an diesem Abend, weil der Preis am folgenden Tag schon auf 2 € gestiegen wäre, was immerhin Gültigkeit bis zum Jahresende gehabt hätte. Ab dem 1. Januar (2013) sollte die Karte dann für 3 € über den Vorverkaufsladentisch gehen, am folgenden 1. Januar nur noch für 4 € zu erwerben sein und auch in den kommenden Jahren um jeweils 1 € teurer werden, bis man im Jubiläumsjahr (2022) bei 12 € angelangt wäre und dem (sämtliche Ermäßigungschancen nicht wahrgenommen habenden) späten Gast an der Abendkasse 13 € abknüpfen würde. So hat zumindest der damalige Plan ausgesehen.

 

Und falls ihr nun der Meinung wärt: “So was Verrücktes hat sich auch nur der Pelikan ausdenken können” – weit gefehlt, denn die Idee stammt von Sebastian Schwenk, der vor 10 Jahren für das Programm von Steinbruch und Grammatikoff verantwortlich war (und heute eine eigene Veranstaltungsagentur betreibt: Monochromat Booking). Seb hatte diesen schrägen Gedanken in unserem ersten Konzertplanungsgespräch einfach mal scherzhaft eingeworfen, was ich sogleich begeistert aufgegriffen habe, so daß wir dann ernsthaft darüber zu diskutieren begannen und schließlich beschlossen, das Ganze – ungeachtet der vielen Unwägbarkeiten und sich möglicherweise ergebenden Probleme –  tatsächlich durchzuziehen. [Hat eigentlich schon mal jemand von einer anderen Veranstaltung gehört, die solch einen langen Vorverkaufslauf gehabt hat?]

 

Worüber wir uns damals Gedanken gemacht hatten:
– Was wäre, wenn der ein Jahr vor dem Jubiläums-Termin auslaufende Pachtvertrag fürs Grammatikoff nicht verlängert werden und ein neuer Pächter kein Interesse an unserer Veranstaltung zeigen würde? Dann würde Seb sich nach einem alternativen Veranstaltungsort umsehen und das Ergebnis rechtzeitig vorher in Presse und sozialen Medien verkünden lassen müssen.
– Was wäre, wenn Pelikan dann gar nicht mehr am Leben wäre? Dann würden die Kartenbesitzer halt einfach Pech gehabt haben.
– Was wäre, wenn Pelikan in 10 Jahren gar nicht mehr Gitarre spielen könnte/wollte? Nun, strenggenommen hätte ich ja gar kein Konzert versprochen, sondern nur einen Bühnenjubiläumsauftritt
xxxxx[das ist allerdings unser einziger gravierender Fehler gewesen: daß auf der Eintrittskarte (siehe oben) Pelikan mit Gitarre abgebildet war und dadurch automatisch bestimmte Erwartungen geweckt würden],
xxxxxbei dem nur mein persönliches Erscheinen auf eben einer Bühne Pflicht gewesen wäre – mit zur Not auch im Rollstuhl sitzend darauf geschoben werden müssen.
xxxxx– Ich würde beispielsweise also auch (nur) eine Lesung machen können.
xxxxx– Oder live an einem Tisch auf der Bühne eine Partie Schach mit meinem Freund Otz spielen.
xxxxx– Oder ungefähr folgende Ansage machen: “Unglaublich, nach 50 Jahren immer noch auf einer Bühne zu stehen. Und obwohl ich mittlerweile gar keine Musik mehr mache, soll der heutige Abend doch nicht ohne Gitarrespielen und Singen auskommen. Und so bitte ich euch jetzt um einen herzlichen Willkommensapplaus für einen Duisburger Künstler, der euch in den nächsten anderthalb Stunden unterhalten wird, bedanke mich noch einmal ganz herzlich für euer Kommen und wünsch’ euch nun viel Spaß bei Pelikans Bühnenjubiläum mit Jupp Götz!” [Denn daß Jupp bei so was mitmachen würde, hielte ich auch heute noch für sehr gut möglich.]

 

Aber wie auch immer eine Pelikan-spielt-überhaupt-nicht-Gitarre-und-enttäuscht-deshalb-bestimmte-Erwartungen-Veranstaltung aussehen würde, sollte es doch wohl zu verkraften sein, den Betrag von 1 € (oder auch etwas mehr) in den Sand gesetzt zu haben, während man sich als “Gegenleistung” (im Optimalfall) 10 Jahre lang an einer richtig schön-schrägen Idee hatte erfreuen können, oder? Und selbst die geringe Aussicht, von einem (oder mehreren) Kartenbesitzer(n) ob eines 2022 dann doch nicht (oder nicht wie erwartet) stattfindenden Auftritts oder Konzerts verklagt zu werden, hatte Seb und mich nicht davon abbringen können, unseren verrückten Plan fortzuführen.

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Weil ich den obigen Teil der Geschichte aber nur in der So-war’s-gedacht-gewesen-Form erzählt habe, muß irgendwo dann wohl doch mal etwas schiefgelaufen sein … und zwar am 13. 11. 2012 bei der letzten Probe für das 5 Tage später stattfinden sollende 40-Jahre-Bühnenjubiläumskonzert.

 

Ich hatte extra für diesen Abend eine kleine Band zusammengestellt – “A.S.H. Pelikan and the Penguins of Pop” -, bestehend aus Tom Dudda (Baß), Rolf Maibaum (Gitarre), Andreas Köhne (Schlagzeug), Georg Mahr (Keyboards) und mir selbst an der akustischen Rhythmusgitarre. Und als besondere Gäste waren Stefan Nern (Gitarre, Mandoline), Jupp Götz (Gesang, Gitarre) und – last but not least – Anja Lerch (Gesang) mit an Bord. Und auf der Generalprobe, bei der erstmals auch Jupp und Anja zugegen waren, habe ich mich [um der von mir hochgeschätzten Anja Lerch (die mich vorher noch nie als Musiker erlebt hatte) nicht das Gefühl zu geben, ihre Auftrittszusage schon vor dem Konzert bereuen zu müssen oder so] besonders angestrengt und mal so richtig ins Zeug gelegt und es “Rockröhren”-gesangsmäßig dabei wohl doch etwas übertrieben, so daß ich am Auftrittstag keinen vernünftigen Ton mehr herausbekam und mein großes Jubiläumskonzert ganz kurzfristig noch absagen mußte. [Einem Profi wäre das nicht passiert!]

 

Meine totale Heiserkeit hat sich dann als Stimmbandüberdehnung herausgestellt, was mich dazu zwang, (a) sämtliche VHS-Gitarrenkurse bis zum Semesterende ersatzlos ausfallen zu lassen (da ich auf ärztliche Anweisung hin in den kommenden Wochen weder richtig sprechen, geschweige denn singen durfte) und (b) sogar “Sprechunterricht” bei einem Logopäden zu nehmen. Und als es so weit war, daß ich in absehbarer Zeit wieder würde singen können [lediglich mein in vielen Jahren gezüchteter gequetschter “Rockröhrenklang” war inwiederbringlich dahin], wußte ich nicht einmal, ob ich ein Nachholkonzert überhaupt noch geben wollte – doch Anja überzeugte mich dankenswerterweise davon, auch an meine “Fans” zu denken und sie nicht böse zu enttäuschen.

 

Es gab allerdings noch 3 Problemchen:
xxxxx1. So sehr wir uns auch bemühten: es ließ sich vor Herbst 2013 [was mir allerdings zu spät war] absolut kein Termin finden, an dem alle Musiker erneut zur Verfügung gestanden hätten, so daß (wiederum auf Anregung von Anja) beim Nachholkonzert mit leicht veränderter Band-Besetzung gearbeitet werden mußte.
xxxxx2. Der Zeitpunkt für mein 40-Jahre-Jubiläum war definitiv vorüber, was mich zuerst vor ein unlösbares Problem zu stellen schien, bis ich den kleinen Einfall hatte, den für Mai 2013 neuangesetzten Auftritt einfach in “Pelikans 40,5-Jahre-Bühnenjubiläum” umzubenennen.
xxxxx3. Und wegen dieser Verschiebung um rund ein halbes Jahr waren leider auch die 1- und 2-€-Vorverkaufsmöglichkeiten auf den Eintrittskarten fürs 50-Jahre-Jubiläum vollständig weggefallen, und auch der besondere Gag des am Konzertabend bereits “Karten für einen Auftritt in (auf den Tag genau) 10 Jahren” erstehen zu können war total verpufft. Und so entschloß ich mich, die Sache mit dem 50-Jahre-Jubiläum erst mal zu vergessen und die 1000 gedruckten Eintrittskarten einfach ungenutzt vermodern zu lassen.

 

So daß kein Mensch am heutigen 18. November 2022 von mir einen öffentlichen Auftritt erwarten würde. Nur ich selbst habe diesen Termin (als Statistiker) natürlich nicht komplett aus den Augen verloren, und so machte ich mich vor einem Monat daran, die ungewöhnliche Geschichte eines nicht stattfindenden Bühnenjubiläums (für meine Webseite) niederzuschreiben.

 

Aber was wäre denn nun gewesen, wenn ich meine Stimme bei der Generalprobe vor 10 Jahren nicht runiniert hätte? Dann würden wir (Seb und ich) uns in diesem Jahr mit Folgendem konfrontiert gesehen haben.
xxxxxA) Der Pachtvertrag für das Grammatikoff ist schon längst ausgelaufen und der neue Pächter mit seiner Umbau-Renovierung noch nicht fertig, so daß an dem vor 10 Jahren verkündeten Ort derzeit überhaupt keine Veranstaltung durchgeführt werden kann.
xxxxxB) Pelikan ist nach seinem (wirklich schönen und würdig eine Karriere feiernden) Jubiläum vor 9,5 Jahren eigentlich schon in den Musikerruhestand getreten, hat danach nur ganz selten mal noch ein oder zwei Lieder als Gast bei einem Auftritt oder Geburtstag oder einer Beerdigung vorgetragen, und da auch meine Gitarrenkurse nicht mehr existieren [sind 2020 wegen Corona aufgegeben worden] und ich auch sonst überhaupt nicht mehr Gitarre spiele [habe mich inzwischen ganz aufs Schreiben verlegt], bin ich fingerfertigkeitsmäßig überhaupt nicht mehr in der Lage, ein abendfüllendes Konzert zu geben, das sowohl Künstler als auch Publikum befriedigen würde.
xxxxxSo gesehen ist es also gar nicht schlecht gewesen, die damalige Idee des heutigen 50-Jahre-Bühnenjubiläumsauftritts schon lange ad acta gelegt zu haben. [Wie sagte Anja nach dem abgesagten Konzerttermin mal?: “Wer weiß, wozu es gut war.”]

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Aber die Bühnenjubiläums-Geschichte ist auch hier noch nicht zu Ende, denn während der Arbeit an diesem Textbeitrag kam mir plötzlich der Gedanke, daß ich mich am 18. November gegen 20:00 Uhr ja auch einfach auf die Straße vors ehemalige Grammatikoff stellen und den Song “Schlechte Karten” [weil der gitarrenspieltechnisch so einfach ist, daß ich den auch heute noch sehr ordentlich hinbekomme] spielen könnte, egal ob von den zufällig vorbeikommenden Passanten jemand stehenbleiben und zuhören würde oder nicht; um das Ganze anschließend als Auftritt zu werten und mein 50-Jahre-Bühnenjubiläum (wenn auch ohne richtige Bühne – aber die hat es beim allerersten Auftritt schließlich auch nicht gegeben!) somit doch noch begangen zu haben. Aber was, wenn es an dem Abend regnen würde?
xxxxxUnd so schrieb ich einen Brief an Seb (den ich seit vielen Jahren nicht mehr gesehen oder gesprochen hatte), schilderte ihm die Lage und fragte, ob er für den Schlechtwetterfall vielleicht eine Alternative wüßte? Und ein paar Tage später – am 27. Oktober – rief er mich an, und es zeigte sich, daß er (ganz wie in alten Zeiten) vor Ideen nur so übersprudelte und mich sogleich zu ungeahnten Gedankengängen inspirierte, die darin gipfelten, daß ich knapp fünf Minuten später aus zwei seiner spontanen Vorschläge das Konzept für eine doch noch abendfüllende Veranstaltung zu meinem Bühnenjubiläum entwickelte. Und das sah [weil ich als Gitarrenspieler selbst mit dreiwöchigem Üben (nach spätestens zwei Tagen müßte ich ohnehin erst mal länger pausieren, weil meine seit Jahren hornhautlosen Finger mir dann bei jedem die Saiten herunterdrücken nur noch mörderisch weh täten) nichts wirklich Tolles mehr hinbekommen würde] so aus, daß ich einfach vortragsmäßig aus meinem Leben erzählen und die wichtigsten Stationen meiner Musikerkarriere beleuchten und zur Auflockerung noch ein paar thematisch passende Pelikan-Songs von CD erklingen lassen wollte, um zum “krönenden” Abschluß dann doch einmal zur Gitarre zu greifen und “Schlechte Karten” vorzutragen.
xxxxxUnd Seb sind auch gleich mehrere mögliche Auftrittsorte in den Sinn gekommen, von denen ich mir eine halbe Stunde später bereits den nächstgelegenen (nur 10 Fuß-Minuten von meiner Wohnung entfernt) angesehen und in Erfahrung gebracht habe, daß der 18. November dort noch veranstaltungsfrei war. Und dann bin ich nach Hause gegangen und habe mich umgehend auf die Suche nach erzählenswertem pelikanesischen Musikergeschichten-Material und passenden CD-Songs gemacht, und drei Stunden später war ich immer noch mit solch großer Begeisterung bei der Sache, daß ich den Seb anrief und ihm mitteilte, daß ich den Auftritt machen wollte und ihn bat, sich in dem von mir angesehenen Laden mal nach den Bedingungen für eine Veranstaltung in drei Wochen und einem Tag zu erkundigen.

 

Am nächsten Tag bekam ich dann die Info über die Raummiete in Höhe von 320 € plus Mehrwertsteuer, was mich doch erst mal ziemlich schlucken ließ, weil ich mit so viel [aber ich bin ja auch seit ewigen Zeiten schon nicht mehr auf der Höhe der aktuellen Preise] nun wirklich nicht gerechnet hatte, und was mir auch deshalb ein wenig Bauchschmerzen bereitete, weil ich am Vortag bereits Sebs Vorschlag von freiem Eintritt mit herumgehendem Hut zugestimmt hatte. Aber dann sagte ich mir, daß ich mir auch eine Veranstaltung, bei der ich draufzahlen müßte, aktuell locker leisten können würde, so daß ich mein Okay dazu gab und der Raum für den 18. November reserviert wurde. Und danach setzte eine Entwicklung ein, mit der ich absolut nicht gerechnet hatte und in dessen Verlauf meine kleinen Bauchschmerzen und Bedenken und Sorgen von Stunde zu Stunde größer wurden und mir einen überhaupt nicht mehr schönen Abend sowie eine extrem schlechte Nacht bescherten.
xxxxxWoran ich in meiner ersten Auftritts-Euphorie nämlich überhaupt nicht gedacht hatte, war die Corona-Sache. Ich bin diesbezüglich wirklich SEHR ängstlich und wäre nie auf die Idee gekommen, freiwillig (als Zuschauer) zu solch einer Veranstaltung wie Pelikans Bühnenjubiläum zu gehen. Und jetzt würde ich plötzlich einen ganzen Abend dort zubringen und natürlich auch damit rechnen müssen, vor und nach dem Vortrag von einigen Leuten angesprochen zu werden, die ich (und die mich) seit Jahren nicht mehr gesehen hatte(n). Und wie sollte ich mich dann dabei verhalten? Ständig (und womöglich sogar als einziger im Raum?) nur mit Maske rumlaufen? Dabei würde ich mich, meine große Ängstlichkeit demonstrierend, bestimmt auch nicht richtig wohlfühlen – ohne Maske allerdings erst recht nicht, weil ich mich dann nur auf der Flucht befände: physisch vor zuviel Nähe, und psychisch vor der ständig gegenwärtigen Angst einer möglichen Ansteckung. So daß der Corona-Problem-Gedanke meiner Vorfreude auf diesen Abend dann schon einen ersten gewaltigen Dämpfer versetzte.
xxxxxUnd weiter ging’s mit der sich ebenfalls langsam in den Vordergrund drängenden Frage, ob ein solcher “Vortrag mit Musik nur vom Band” überhaupt jubiläumswürdig und nicht doch eher nur enttäuschend sei? Würden denn nicht eigentlich alle Zuhörer (selbst wenn sie das “Kleingedruckte” in der Ankündigung gelesen hätten) viel lieber Pelikan live zur Gitarre hören wollen? So, wie sie es vier Jahrzehnte lang bei Auftritten von mir gewohnt gewesen sind? Allerdings nur bis vor 9,5 Jahren – so daß ich ohne dieses 50-Jahre-Datum überhaupt nicht auf die Idee gekommen wäre, mal wieder auf eine Bühne zu treten, und erst recht nicht mit einem simplen Vortrag, der als Jubiläumsfeier eines Livemusikers (der diese Tätigkeit seit fast 10 Jahren schon nicht mehr ausübte) doch nur als Mogelpackung gelten dürfte, oder?
xxxxx Und als mir dann auch noch bewußt wurde, daß ich sogar im Zweifel war, ob ich für diesen Pelikan-Auftritt überhaupt eigene Reklame (auf meiner Webseite und per E-Mail an meine Freunde und Bekannten) machen sollte [denn je weniger Leute bei dem Auftritt anwesend sein würden, desto geringer fiele sowohl das Corona-Ansteckungsrisiko als auch die Möglichkeit aus, viele Zuhörer mit dem Dargebotenen zu enttäuschen], kam endgültig das Gefühl auf, daß mit dieser Sache irgend etwas ganz und gar nicht stimmen würde. Zumal die Einnahmen sich bei weniger Besuchern ja auch verringern und meine Unkosten dadurch nur steigen lassen würden. Und auch bei dem Gedanken, am Schluß mit einem Hut herumgehen und die Leute auf recht manipulative Weise “anbetteln” zu müssen, fühlte ich mich alles andere als wohl. Und so wünschte ich mir eigentlich nur noch, daß bereits alles vorüber wäre – und die Aussicht, meine “bad vibrations” noch drei weitere Wochen lang mit mir herumschleppen und ertragen zu müssen, schien mir auch mehr einer Strafe als der Vorfreude eines Künstlers auf einen anstehenden Auftritt gleichzukommen … so daß es das einzig Vernünftige war, Seb am nächsten Mittag darüber zu informieren, daß ich meine Meinung geändert hätte und die Veranstaltung doch nicht machen könne/wolle – egal, welche Kosten dadurch noch für mich entstehen würden. Aber Seb meinte nur: “Okay, kein Problem.” Und als das Telefonat beendet war, habe ich tatsächlich physisch zu spüren geglaubt, wie mir ein ungeheuer schwerer Stein vom Herzen gefallen ist; und auch in den folgenden Tagen habe ich diese Entscheidung, doch nicht noch einmal (mit 69 Jahren) vor Publikum aufzutreten, nicht eine Sekunde lang bereut.

 

In dem Buch “Mark Twain bummelt durch Europa” erzählte der Autor mal, wie er in Deutschland zu einem Konzert von einem hochgelobten Tenor mitgenommen worden sei, sich nach einer Weile an seinen Gastgeber gewandt und ihm zugeraunt hätte, daß er den Sänger eigentlich überhaupt nicht toll fände. “Ja, stimmt schon”, kam die Antwort, “aber Sie hätten den mal vor 20 Jahren hören sollen!”

 

Und so weit wollte ich es dann lieber doch nicht kommen lassen.

 

Und das ist also die Geschichte meines fast zustande gekommenen 50-Jahre-Bühnenjubiläums gewesen. Aber wer weiß, vielleicht sieht man sich ja in weniger gesundheitsschwierigen Zeiten noch mal auf einer Lesung oder so, wenn ich mein neues Buch (hoffentlich) beendet und herausgebracht haben werde. Bis dahin macht’s gut, bleibt mir gewogen und paßt gut auf euch auf.
xxxxxEuer Pelikan